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Dasselbe Boot - Verschiedene Passagiere

Ein Beitrag von Damian Christinger - Bibliothekar der Fragen


Menschen fischen, seid es sie gibt - die Kulturtechnik und das damit verbundene Gewerbe sind so alt wie die Menschheit selbst. Fischer*innen sind heute akut von der Klimakatastrophe und dem Verschwinden der Artenvielfalt betroffen. Dabei haben die globalen Ereignisse spezifische regionale Ausprägungen. Der Bibliothekar der Fragen, Damian Christinger, spracht mit Fischer*innen und Künstler*innen über diese Gegenwart und eine mögliche, glückliche Zukunft in Zürich und der Küste vor Pondicherry.


Photo by Johannes Plenio on Unsplash


Vielleicht finden wir das Glück einer möglichen Zukunft auch in einem Teller Fischsuppe. Mit Freunden geteilt, an einem lauen Sommerabend auf einer Zürcher Dachterrasse.


Fischsuppe

Zutaten für 10 Personen:

· 1 kg Weißfisch, z.B. Rotaugen, Güster, Brachsen, Barben, Döbel, Karauschen usw.)

· 2 große Zwiebeln

· 1 Bund Suppengrün

· 500 g Kartoffeln

· 350 g Tomaten

· 3 Knoblauchzehen

· 6 EL Öl

· Salz

· Pfeffer

· Lorbeerblatt

· 1 Bund Petersilie

· etwas Zitronen- und Orangenschale

· Streugewürz

· 1 g Safran

· 1 l Fischbrühe

· Weißwein

· Meterbrot


Zubereitung: Den Fisch enthäuten und entgräten. Zwiebeln würfeln und Suppengrün in Streifen schneiden. Kartoffeln schälen und in Scheiben schneiden. Tomaten brühen, abziehen und vierteln. Die Zwiebeln und zerdrückte Knoblauchzehe in Öl andünsten. Vom Suppengrün, Wurzeln und Sellerie zugeben, kurz andünsten. Kartoffeln und Tomaten draufgeben, mit Salz und Pfeffer überstreuen. Die zusammengebundene Petersilie, Lorbeer, Zitrone- und Orangenschale, Salz und Streuwürz, Safran, Brühe und Wein dazugeben. Ca. 10 Minuten köcheln lassen. Den in Portionsstückchen geschnittenen Fisch draufschichten und noch 5 Minuten ziehen lassen

(https://www.deine-angelwelt.de/fische-zubereiten/fischrezepte/7-leckere-weissfisch-gerichte/, aufgerufen am 21. Februar 2023.)


Das Gespräch mit dem Zürcher Berufsfischer Adrian Gerny (https://zueriseefisch.ch) war erhellend und brachte erstaunliches auf den Tisch. Der Beruf ist geprägt von langen Arbeitstagen und hohen Investitionskosten, was das Nachrücken von Nachwuchs im Gewerbe beeinträchtigt. Die gute Nachricht: es ist ein Auskommen möglich, der Fisch aus dem See verkauft sich gut, wobei vor allem die teureren Fische mehrfach verkauft werden könnten.


Die Zukunft gehört dem Weissfisch, der zahlreich vorkommt, aber bearbeitungsintensiv ist.


«Is the sea they sea, the same sea we see” fragte zu Beginn des Gespräches der Indische Künstler Ravi Agarwal (https://www.raviagarwal.com) und meinte die Fischer bei Pondicherry im südlichen Tamil Nadu. Wie prägt ein Arbeitsraum den Blick auf die uns umgebende Natur? Sehen wir den Zürichsee anders, wenn wir wissen, wie man aus Weissfisch eine leckere Suppe kocht?


Hermeneutische Denker wie der kanadische Philosoph Charles Margrave Taylor argumentieren, dass die Moderne ein kulturelles Bewusstsein des Individuums geschaffen hat, das wir uns als "Bewusstseinsinseln" vorstellen können, die im großen Ozean des Lebens schwimmen und uns lediglich zu Besuchenden auf diesem Raumschiff namens Erde machen. Dieses konstruierte Selbstbewusstsein kann als ein "losgelöstes Selbst" verstanden werden, das Gegenteil von dem, was ein Fischer auf dem See oder Meer erlebt.


Wie verwandeln wir uns selbst und die Menschen um uns herum von diesen "Inseln des Bewusstseins" in diejenigen, die ein neues, poetisches und politisches Verständnis der Beziehung zwischen dem Menschlichen und dem Planetaren entwickeln?


Welche Rolle kann dabei eine Bibliothek zur glücklichen Zukunft spielen?


Eine Bibliothek der Zukunft funktioniert wie ein Prisma, das unsere Unwissenheit, unsere Verlorenheit angesichts der planetarischen Fragen, unsere Unfähigkeit, die künstliche Dichotomie zwischen Natur und Mensch zu überwinden, in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig Lösungsansätze vorschlägt. Kann unser Denken hier im Westen durch die Integration von Traditionen anderer Wissenswelten, die eine ganzheitliche Sicht der Natur pflegen, an Tiefe gewinnen? Müssen wir mit einem Boot auf den See, um uns den Fragen der Gegenwart zu stellen? Hilft eine Fischsuppe?


Ein Berufsfischer, der den ganzen Tag auf dem See verbringt, hat ein anderes Verhältnis zur Natur, die ihm sein Auskommen schenkt. Dies muss nicht romantisiert werden, es geht nicht darum zu einer Unio Mystica zu finden, der Lebensstil und das Lebensgefühl der Zukunft kann für uns alle dennoch stärker davon geprägt sein, dass wir verstehen, dass uns die Natur mit dem beschenkt, was wir zum Leben brauchen. Es muss eben nicht immer Thunfisch Sashimi sein, sondern manchmal eben ein Teller Fischsuppe vom Weissfisch.

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